Fragen & Antworten zum Waschbären

Fragen & Antworten zum Waschbären

Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
Ihnen allen und für jede Zuschrift zu den traurigen Ereignissen vom 18. Mai danke ich Ihnen herzlich. Wir sind so traurig wie Sie. Bei meiner heutigen Beringungstour durch die Eifel begleitete mich ein mehr als flaues Gefühl in der Magengrube. Umso mehr beeindruckt und ermutigt mich die Vielzahl der Zuschriften und der Zuspruch, der darin zum Ausdruck kommt. Herzlichen Dank dafür!

Im Zusammenhang mit der Waschbärenattacke tauchen viele Fragen auf. Manche lassen sich beantworten, einige aufgrund fehlender Erkenntnisse nicht:
Wie stark sind die Eifeluhus von Waschbären bedroht? Aller Wahrscheinlichkeit nach gibt es in der Eifel seit vielen Jahren eine große und stetig wachsende Waschbärenpopulation. Bereits 2017 bemerkten wir das Verschwinden von Junguhus an einigen Brutplätzen. Es schien, als hätte ein knappes Nahrungsangebot die Uhuweibchen dazu gezwungen, ihre noch recht jungen Küken alleine zu lassen, um die Versorgung zu sichern. Dies bot Fressfeinden die Gelegenheit. Nun haben wir eine solche Situation miterlebt.

Soweit wir die Gefahr von Waschbären für die Uhubruten bisher überblicken, unterscheidet sie sich etwas von der Gefahr durch Füchse. Das Temperament von Waschbären ist sicherlich dickfälliger, problematisch ist auch ihre Nahrungssuche in der Gruppe. Erst vergangene Woche berichtete mir ein Uhuschützer aus dem Bergischen Land von seinen Beobachtungen mittels Wärmebildfernglas: Drei Waschbären versuchten ans Uhunest zu kommen und nutzten dabei geschickt die Deckung von Sträuchern. Nur wo die Uhus freien Anflug hatten, konnten sie den Fressfeind abwehren. Trotz der Hartnäckigkeit der Waschbären gelang es den Uhus dieses Mal, ihre Jungen zu schützen. Zeit für die Jagd hatten die Uhus in dieser Nacht kaum, das Weibchen jagte nicht.

Die Uhupopulation ist sehr dicht. Die Eifel ist ein Dichtezentrum der Uhus in Deutschland. Über ihren Fortbestand mache ich mir keine ernsten Sorgen. Manche Brutplätze sind für Waschbären gut erreichbar andere weniger. In manchen Uhurevieren ist viel Nahrung verfügbar. Dann können die Weibchen länger auf ihre Jungen auspassen. Immer wieder habe ich gesehen, wie gut Uhus vielen Herausforderungen gewachsen sind. Oft habe ich mir Sorgen gemacht und noch häufiger habe ich festgestellt, dass die Uhus mehr können und besser sind als wir ihnen zutrauen.
Lotte wird in diesem Jahr nicht noch einmal Eier legen. Nachgelege machen Uhus nur, wenn ihr Erstgelege in den ersten Wochen der Bebrütung scheitert.

Lotte fraß an den Überresten der Jungvögel und schluckte dabei einen Fuß mit Ring. Da Uhus auch relativ große Schädel von Beutetieren komplett verschlucken und diese dann als Gewölle wieder ausspeien, mache ich mir darüber keine Sorgen.

Brutplätze in Felsen vor Waschbären zu schützen, ist kaum möglich.

Uhus können Waschbären abwehren, vielleicht sogar töten. Aber die Uhus müssen den Angreifer rechtzeitig wahrnehmen. Meines Wissens wird man die Waschbären in Deutschland auch mit rigoroser Bekämpfung vermutlich nicht durchgreifend zurückdrängen können. Waschbären leben in sozialen Verbänden und unterliegen einer internen Geburtenkontrolle. Im Normalfall bekommen nur mehrjährige Weibchen Nachwuchs. Werden diese z.B. durch Fang oder Abschuss getötet, vermehren sich auch alle jüngeren und besetzen die Leerstellen.

Der Waschbär ist in Deutschland eine aus Nordamerika vom Menschen eingeschleppte Art, die im letzten Jahrhundert aus Gefangenschaftshaltungen entwischt sich in den heimischen Ökosystemen etabliert hat. Den Waschbären fällt eine große Zahl Individuen bei uns heimischer, auch bestandsbedrohten Arten zum Opfer. Dazu zählen nicht nur Vögel, sondern auch Amphibien, Reptilien und andere Artengruppen.

Manche Bereiche unserer Natur sind den Waschbären noch viel schutzloser ausgesetzt als wir es bei unseren Uhus beobachten können. Lutz Dalbeck von der Biologischen Station in der Nordeifel berichtete beispielsweise von wahren Massakern an flachen Teichen. Hunderte angebissene Amphibien lagen am Ufer. Nur die leckersten Teile waren herausgebissen, viele Tiere lebten noch ein bisschen. Sie hatten den Instinkt, sich bei Gefahr im Schlick zu verstecken, ein für die europäischen Fressfeinde wirksames Verhalten. Waschbären jedoch Tasten den Schlick durch und finden so jedes Leben. Wenn sie in der Gruppe Nahrung suchen, können sie ganze Teiche leeren.

Am Abend des 18. Mai kam der Waschbär erneut ins Uhunest und fraß an den Überresten der Uhus. Lotte und Leo waren offensichtlich wieder nicht in der Nähe und bemerkten den Fressfeind auch dieses Mal nicht. Später kamen sie mit Nahrung und fanden keine Abnehmer dafür. Es scheint so, als benötigen sie noch etwas Zeit, um die Situation zu realisieren. Was wir begreifen nennen, ist ihre Stärke nicht und dennoch sind sie auf ihre Weise unglaublich gut.

Keinesfalls möchte ich Ihnen ans Herz legen, die Videoaufnahme vom Zugriff der Waschbären anzusehen. Vorenthalten möchte ich Ihnen dieses Dokument gleichwohl nicht. Es ist aber nichts für schwache Nerven. Hier geht es zum Video.

 

Ihr Stefan Brücher
Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V.


Beide Junguhus vom Waschbären gefressen!

Beide Junguhus vom Waschbären gefressen!

Liebe Uhufreundinnen und-freunde,
der, die Beringung betreffende Tagebucheintrag ist nun hinfällig geworden. In der vergangenen Nacht hat ein Waschbär beide Junguhus gefressen.

Für die Eifel ist dies der erste Nachweis, es ist jedoch gut möglich, dass viele der uns bekannten Brutaufgaben diese Ursache haben. Es als „natürlich“ anzusehen, fällt mir etwas schwer. Waschbären sind durch Menschen nach Europa eingeschleppt worden, die einheimischen Arten haben keine gewachsenen Strategien, um mit dieser Gefahr umzugehen.

Die diesjährige Webcam-Saison endet nun schlagartig.

Etwas schockiert,
ihr Stefan Brücher
Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V.

 

 


Beringung der jungen Uhus

Beringung der jungen Uhus

Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
den beiden Junguhus geht es gut.

Der große Jungvogel wiegt 1.350 g, der kleinere 1.050 g. Der Gewichtsunterschied entspricht dem Größenunterschied der beiden. Beide sind ähnlich und erstaunlich gut genährt.

Der Bauch des kleineren war so prall gefüllt, dass ich befürchtete, beim Anfassen mit einem Schwall warmer Flüssigkeit begrüßt zu werden. Offensichtlich hatte K2 in der Nacht zuvor einiges von der Beute abbekommen. Eine Geschlechtsbestimmung der beiden traue ich mir nicht zu. Daher habe ich heute (17.05.2021) je eine Flaumfeder der Jungen zwecks Geschlechtsbestimmung an ein Labor in Bielefeld geschickt. Ich bin gespannt auf das Ergebnis und werde berichten. Weitere Auffälligkeiten gab es anlässlich der Beringung nicht.

Ganz im Gegensatz zur Beringung an einem zweiten Ort am letzten Sonntag: An diesem weiteren Brutplatz an der Ahr hatte ich noch sechs Tage zuvor mit dem Fernrohr zwei stattliche Junguhus im Nest sitzen sehen. Nun fehlte jedoch einer spurlos; auch die Suche unter dem Felsen blieb ergebnislos. Nahrung war im Nest ausreichend vorhanden, und das verbliebene Geschwister war auch gut genährt. Die Verlustursache bleibt unbekannt.

Bei unserer Uhufamilie vor der Webcam indessen scheint alles in Ordnung zu sein.

Ich wünsche Ihnen schöne Beobachtungen.

Ihr Stefan Brücher
Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V.


Lotte ist in der Nähe!

Lotte ist in der Nähe!

Kein Grund zur Sorge, Lotte ist in der Nähe! Die Beringung ist für diesen Sonntag, den 16. Mai 2021 geplant.

Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
bei unserer Uhufamilie läuft alles so, wie wir es aus den Vorjahren schon kennen. Ab dem Alter von ca. vier Wochen sitzen die Junguhus häufiger nicht mehr in direkter Tuchfühlung mit ihrer Mutter. In den vergangenen Tagen konnten wir auch beobachten wie Lotte Fütterungen außerhalb der eigentlichen Brutnische anbot. Die Jungen zögerten jedoch noch, ihren bisher kleinen Aktionsradius zu verlassen.

Auch wenn sich Lotte nicht im Sichtbereich der Cam aufhält, ist sie oft doch ganz nah. Auch akustisch hält sie mit unauffälligen Tönen Kontakt zu ihrem Nachwuchs. Am heutigen Mittwoch (12. Mai) konnten wir frühmorgens ein kleines Wackeln der Cam bemerken. Lotte landete offensichtlich auf dem Gehäuse.

Die Nahrungsversorgung war in den vergangenen zehn Tagen recht gut. Bisher wurden auffallend viele Tauben, ein Mäusebussard, Krähen und Kaninchen erbeutet. Einmal haben wir den Uhus zusätzlich ein überfahrenes Kaninchen zukommen lassen.

Es ist nicht ganz leicht, für die Beringung der sehr unterschiedlich großen Uhu-Geschwister den geeignetsten Zeitpunkt zu finden. Ich hoffe, am kommenden Sonntag gegen 12 Uhr (sofern das Wetter es zulässt) auch den Kleinsten beringen zu können.

In der Nachbarschaft unserer Uhus fehlt nach wie vor das Brutpaar ahrabwärts. Die Nachbarn ahraufwärts haben drei dicke, schwere Junge. Als ich diese vor einigen Tagen beringte, fand ich erstmals einen jungen Graureiher im Beutedepot. Es scheint, als hätten diese Uhus nun die Graureiherkolonie in gut ein Kilometer Entfernung als Ressource entdeckt.

Endlich ist auch in der Eifel der Frühling angekommen. Die Bäume werden schlagartig grün und das Leben explodiert. Ich hoffe, unsere Uhus können dies mit weiterhin ausreichendem Jagderfolg nutzen.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Stefan Brücher
Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V.


Das kleinste Küken ist gestorben

Das kleinste Küken ist gestorben

Liebe Uhufreundinnen und -freunde,
das kleinste Küken ist heute (29.4.) gestorben. In den vergangenen Tagen war die Nahrungsversorgung zwar gar nicht so schlecht, aber dennoch bekam „K3“ nur sehr wenig ab.

Die Geschwister waren im Futterannehmen schon sehr geübt, konnten sich besser nach vorne drängeln und auch schon eine ganze Maus am Stück hinunterschlucken. Das kleinste und noch blinde Küken hatte zu oft das Nachsehen und auch die besonders niedrigen Temperaturen haben seine Lage erschwert.

Lotte legte das gestorbene Küken zuerst zur Seite und wartete noch, bis sie es an die Geschwister verfütterte. Nichts wird verschwendet. Mir scheint, Lotte ließ dieser Entwicklung ihren Lauf, ohne gezielt dagegen zu handeln. In ungezählten Jahrtausenden der Evolutionsgeschichte hat sich dieses Verhaltensmuster eingeprägt; es ist für Uhus das instinktiv richtige.

Mit freundlichen Grüßen, doch auch etwas bedrückt
Ihr Stefan Brücher
Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V.